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Seewasser-Wärmeverbund Romanshorn

Generationenprojekt für eine nachhaltige Energiezukunft: Romanshorn stimmt am 9. Juni 2024 über den Projektierungskredit für einen Seewasser-Wärmeverbund ab. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen:

Am 9. Juni 2024 stimmt die Romanshorner Bevölkerung über einen Kredit von 2.0 Millionen Franken für die Projektierung der ersten Etappe eines Seewasser-Wärmeverbunds ab. Der Wärmeverbund ermöglicht die Wärme- und Kälteversorgung der Stadt mit erneuerbarer Energie aus dem Bodensee. 

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Öffentliche Info-Anlässe  
Am 16. Mai 2024 um 19.30 Uhr lädt die Stadt Romanshorn zu einer Infoveranstaltung in die Aula der Kantonsschule Romanshorn ein. Stadtpräsident Roger Martin und Nikos Karathanasis, Experte für Seethermie bei der Romatherm AG, informieren über das Projekt und beantworten Fragen. Weiter findet am 31. Mai 2024 um 20 Uhr im Museum am Hafen (altes Zollhaus) ein öffentlicher Informationsabend statt.

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Die Energie im Seewasser wird dabei über einen Wärmetauscher auf das Wasser im sogenannten Anergienetz übertragen und ins Stadtgebiet geleitet (siehe Grafik unten). In den angeschlossenen Gebäuden wird die Wärme des Anergienetzes mittels Wärmepumpe auf die gewünschte Temperatur gebracht und kann dann zum Heizen – oder im Sommer zum Kühlen – verwendet werden.

Der Projektierungskredit ist nötig, um die präzisen Kosten des Wärmeverbunds zu ermitteln, die Ausschreibungen für erste Bauprojekte auszuarbeiten und erforderliche Bewilligungsverfahren zu initiieren. Es handelt sich also um eine Anschubfinanzierung. Sowohl Projektierungskredit als auch der später folgende Kredit soll über eine Laufzeit von 20 bis 30 Jahren zurückbezahlt werden. Über die gesamte Zeit ist das Projekt für den Steuerzahler kostenneutral. Eine Steuererhöhung aufgrund des Projektes kann ausgeschlossen werden, da allfällige Zinsbelastungen als Betriebskosten weiterverrechnet werden können.
 

Der Wärmeverbund soll einen erheblichen Beitrag leisten zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, zur Stärkung der lokalen Wertschöpfung und zur Erhöhung der Versorgungssicherheit. Das Projekt ist als Generationenprojekt konzipiert und soll über den gesamten Lebenszyklus selbsttragend sein. Das heisst: Der Wärmeverbund hat keinen Einfluss auf den Steuerfuss.

Im Falle einer Zustimmung zum Projektierungskredit nimmt die Betreibergesellschaft (Romatherm AG, im Besitz der Stadt Romanshorn) die detaillierte Ausarbeitung der technischen Umsetzung des Wärmeverbunds in Angriff. Läuft alles nach Plan, könnte im Jahr 2025 über das Gesamtprojekt abgestimmt werden. Bei einem positiven Volksentscheid wären erste Wärmelieferungen ab 2027 realistisch.

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Abstimmungsbotschaft mit weiteren Informationen: hier lesen

Funktions- und Betriebsweise des Wärmeverbunds: hier lesen

Sonderseite Seethermie vom 3. Mai 2024: hier lesen

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Häufige Fragen und Antworten:

Wie funktioniert ein Seewasser-Wärmeverbund?

Ein Seewasser-Wärmeverbund eignet sich zur Gewinnung von Wärme und Kälte für Gebäude. Dabei wird die Energie des Seewassers genutzt. Einfach erklärt, wird diese Energie über einen Wärmetauscher auf das Wasser im sogenannten Anergienetz (siehe nächste Frage) übertragen und ins Stadtgebiet geleitet. In den angeschlossenen Gebäuden wird die Wärme des Anergienetzes mittels Wärmepumpe auf die gewünschte Temperatur gebracht und kann dann zum Heizen – oder im Sommer zum Kühlen – verwendet werden.

Was ist ein Anergienetz?

Ein Anergienetz ist ein Leitungsnetz für den Transport von Wärme auf niedrigem Temperaturniveau, auch bekannt als kaltes Nahwärmenetz. Es operiert bei Temperaturen nahe der Umgebungstemperatur, im Fall von Romanshorn bei 5 bis 10 Grad Celsius. Dadurch ist nur eine geringe oder gar keine Wärmedämmung der Leitungen erforderlich. Anergienetze werden effizient mit Wärmepumpen kombiniert, um nutzbare Wärme zu erzeugen. Im Sommer lässt sich das kalte Wasser für die Kühlung einsetzen.

Weshalb ist die Förderung von Seewärme sinnvoll?

Aktuell erfolgt die Wärmeproduktion für einen Grossteil der Gebäude in Romanshorn durch den Einsatz fossiler Energieträger, also Öl und Gas. Aufgrund der dichten Bebauung der Innenstadt und der Nähe zum See besteht ein grosses Potenzial für den Bau eines Seewasser-Wärmeverbunds. Durch die Förderung von Seewärme kann Romanshorn den fossilen Anteil an der Wärmeerzeugung reduzieren und den Ausstoss von Treibhausgasen senken. Das macht Romanshorn gleichzeitig unabhängiger vom wechselhaften Energiemarkt und von fossilen Energieträgern aus dem Ausland. Die Stadt Romanshorn würde nach der Umsetzung über eines der modernsten Wärmenetze der Schweiz verfügen. Für die Romanshornerinnen und Romanshorner ist es also auch die Chance, in Sachen umweltfreundliche Energieproduktion eine Vorreiterrolle einzunehmen.

Ist die Förderung von Seewärme angesichts von Alternativen (z.B. Luft-Wärmepumpen) überhaupt nötig?

Alternative erneuerbare Wärmeversorgungslösungen existieren. Allerdings lassen sie sich gerade in dicht bebauten Gebieten wie der Innenstadt von Romanshorn nur schwer oder teils gar nicht umsetzen. Zum Beispiel, wenn es an Platz für die Installation von Erdwärmesonden mangelt oder Luft-Wärmepumpen aufgrund von Lärm und Sichtbarkeit problematisch sind.

Welche Menge an fossiler Energie lässt sich durch Seewärme einsparen?

Im Vollausbau, der bis 2044 abgeschlossen sein soll, lassen sich pro Jahr bis zu 6000 Tonnen CO2 einsparen. Das entspricht etwa dem CO2-Ausstoss von 2000 Dieselautos.

Wer profitiert vom Seewasser-Wärmeverbund?

Die erste Etappe konzentriert sich auf die dicht besiedelte Innenstadt. Die weiteren Etappen sollen bis 2044 den gesamten Stadtteil östlich des Kreisels Holz erschliessen. Eine zukünftige Erweiterung ist möglich, solange die volle Kapazität des Netzes noch nicht erreicht ist. Wirtschaftlich sinnvoll ist die Nutzung von Seewärme zum Heizen oder Kühlen in erster Linie für Stadtgebiete mit einer hohen Leistungsdichte, wo andere nachhaltige Konzepte wie Luft-Wasser-Wärmepumpen oder Erdsonden nicht möglich sind.

In typischen Einfamilienhausquartieren ist die Leistungsdichte meist nicht gegeben. Bei genügender Anzahl Interessenten in einem Gebiet kann die Situation aber individuell beurteilt werden. Insgesamt profitieren ohnehin alle Einwohnerinnen und Einwohner, denn mit der CO2-neutralen Heizung über Seewasser verbleibt die gesamte Wertschöpfung (in der Grössenordnung von etwa zehn Millionen Franken) in der Region und fliesst nicht in Länder ab, wo fossile Brennstoffe traditionell herkommen.

Wann geht der Seewasser-Wärmeverbund in Betrieb?

Läuft alles nach Plan, könnte im Jahr 2025 über das Gesamtprojekt abgestimmt werden. Bei einem positiven Volksentscheid wären erste Wärmelieferungen ab 2027 realistisch.

Warum wird nur über den Projektierungskredit und nicht über das Gesamtprojekt direkt abgestimmt?

Das Projekt ist anspruchsvoll und komplex. Die Realisierung wird 25 Jahre und mehr in Anspruch nehmen. Es ist also ein Generationenprojekt. Um auf Risiken und neue Entwicklungen möglichst flexibel reagieren zu können, wurde seitens der Stadt entschieden, das Vorhaben in mehreren Bauetappen zu realisieren.

Wie stellt die Stadt sicher, dass sich der Seewasser-Wärmeverbund im Sinn der Romanshorner Bevölkerung weiterentwickelt?

Die Romatherm AG, die als Projektierungsgesellschaft entstanden ist, befindet sich im Besitz der Stadt. Sollte die Romanshorner Bevölkerung – voraussichtlich 2025 – dem Gesamtprojekt zustimmen, wird eine Betreibergesellschaft eingerichtet. Die Stadt soll auch an dieser beteiligt sein. Dadurch hat sie die Möglichkeit, ihre Interessen in Bezug auf strategische Ausrichtung und operative Betriebsführung zu wahren. Insbesondere befähigt dies die Stadt, Einfluss auf die Preisstrategie und die Preisfestsetzung zu nehmen. So ist sichergestellt, dass die Energiepreise für die Einwohnerinnen und Einwohner von Romanshorn so kostengünstig wie möglich gehalten werden können.

Was kostet der Seewasser-Wärmeverbund die Steuerzahlenden?

Eine Erhöhung des Steuerfusses kann nahezu ausgeschlossen werden. Die Finanzierung des Wärmeverbunds erfolgt durch Anschlussbeiträge und Gebühren für den Bezug von Wärme und Kälte aus dem Seewasser, sowie Fördermittel des Kantons. Die Höhe der Gebühren wird so festgesetzt, dass ein kostendeckender Betrieb über den gesamten Lebenszyklus der Anlagen gewährleistet ist. Auch die Anschubfinanzierung wird so amortisiert.

Was genau passiert mit den zwei Millionen Franken für den Projektierungskredit?

Im Rahmen des Projektierungskredits sollen die konkreten Baukosten detailliert ermittelt und die Planungsgenauigkeit der folgenden Etappen verbessert werden. Konkret geht es darum, die präzisen Kosten aufgrund der Gegebenheiten in Romanshorn zu ermitteln, die Ausschreibungen für erste Bauprojekte (Seewasserfassung, Gebäude und Leitungsnetz) auszuarbeiten, erforderliche Bewilligungsverfahren zu initiieren sowie Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. So erhält die Romanshorner Bevölkerung voraussichtlich 2025 die Gelegenheit, über das bis dahin detailliert ausgearbeitete Gesamtprojekt abzustimmen.

Wo wird das Seewasser entnommen?

Die Leitungen der Seewasserfassung werden rund 500 Meter in den See geführt und dort das Wasser in einer Tiefe von bis zu 40 Metern entnehmen. Wo genau die Seewasserfassung entsteht, soll im Rahmen der Projektierung detailliert abgeklärt werden.

Ist der Umweltschutz gewährleistet?

Ja, das hat die Rahmenstudie des Kantons Thurgau aus dem Jahr 2021 gezeigt. Der Einfluss des Seewärmenetzes auf die Seetemperatur bemisst sich in Zehntels- bis Hundertstelgrad und ist im Vergleich zu den natürlichen Schwankungen unbedenklich. Die Bodensee-Richtlinien der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee werden diesbezüglich eingehalten.

Technische Fragen

Technische Fragen, beispielsweise wann welche Stadtgebiete angeschlossen werden können, beantworten die Expertinnen und Experten der Romatherm AG: www.romatherm.ch/